Heute habe ich bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt

Anselmo José da Silva Amaral findet in Genf eine Stelle als Hilfsarbeiter. Nach zwei Jahren schlägt ihm der Personalchef des Bauunternehmens Induni vor, berufsbegleitend einen Berufsabschluss zu machen. Warum er darauf einging, erzählt er im Interview.

Sie haben keine Lehre gemacht. Wie haben Sie trotzdem einen Berufsabschluss erlangt?
Ich habe vier Tage pro Woche auf dem Bau gearbeitet. Am Freitag ging ich jeweils zur Schule und bereitete mich auf die Abschlussprüfung vor. Und zwei Mal pro Woche ging ich zudem in einen Französischkurs.

Wie lange dauerte die Vorbereitung auf die Abschlussprüfung?   
Ich habe sie in zwei Jahren absolviert. Im Sommer 2017 habe ich abgeschlossen.

Sie haben das besten Prüfungsresultat Ihres Jahrgangs erreicht. Was war für Sie das Schwierigste an der Ausbildung, was das Einfachste?
Das schwierigste war die Sprache. Dann musste ich auch noch das Familienleben und die Ausbildung unter einen Hut bringen. Zweimal pro Woche besuchte ich einen Französischkurs. Dazu kamen noch drei Kurse in Allgemeinbildung, die ich absolvieren musste. Das Rechnen hingegen war kein Problem. Die Zahlen in Portugal und in der Schweiz sind schliesslich dieselben (lacht).

Wurden Sie von Ihrer Firma finanziell oder in einer anderen Form unterstützt?
Ja. Meine Firma hat mir für den Tag, an dem ich zur Schule ging, den vollen Lohn bezahlt. Dafür bin ich sehr dankbar, schliesslich habe ich zu Hause eine Frau und eine kleine Tochter. Zudem übernahm mein Arbeitgber die Kosten für den Französischkurs und erwies mir für die beste Prüfung eine symbolische Anerkennung.  

Haben Sie in Ihrer Heimat Portugal eine Ausbildung gemacht?
Nein. Mit 19 Jahren verliess ich das Gymnasium, weil ich arbeiten wollte. Ich wollte Geld verdienen und das Mauern mochte ich schon immer. Darum ging ich auf den Bau.    

Wann und weshalb kamen Sie in die Schweiz?
Mein Vater arbeitet auf dem Bau in Genf bei der Firma, für die ich jetzt tätig bin. Er sagte mir, ich solle doch auch kommen, die Bauunternehmung Induni benötige Arbeitskräfte. Das war vor fünf Jahren. Mehr Vater hat mich empfohlen. Also fuhr ich in die Schweiz und fing als Hilfsarbeiter an.

Was hat Ihnen die Ausbildung fürs Leben gebracht?
Die Ausbildung zu machen, war eine der besten Entscheidungen, die ich in meinem Leben getroffen habe. Jetzt kann ich meine Fähigkeiten und Kenntnisse richtig einsetzen. Ich spüre die Anerkennung, die man mir für den Abschluss entgegenbringt, nicht nur von Kunden, sondern auch von Kollegen, die mir dazu gratuliert haben.

Wie sehen Ihre Zukunftspläne aus?
Ich will mich weiterbilden. Im Jahr 2019 will ich die eidgenössische Berufsprüfung als Bau-Polier machen. Danach sehen wir weiter.

Können Sie Ihren Werdegang weiterempfehlen?
Sicher. Ich habe schon vielen Kollegen empfohlen, noch einen Abschluss zu machen. Leider trauen sich dies viele nicht zu oder sie scheuen den Aufwand. Denen sage ich: Die Anstrengung lohnt sich. Ohne Fleiss gibt es keinen Preis. 

Anselmo José da Silva Amaral

Alter: 33
Position:

Maurer EFZ

Voraussetzungen für einen Berufsabschluss im Erwachsenenalter

In der Schweiz gibt es rund 250 verschiedene berufliche Grundbildungen. Auch im Erwachsenenalter können Sie in jedem Beruf ein eidgenössisches Fähigkeitszeugnis (EFZ) oder ein eidgenössisches Berufsattest (EBA) erlangen.

Um einen Berufsabschluss zu erwerben, brauchen Sie folgende Voraussetzungen:

  • Gute Kenntnisse einer Landessprache
  • Gute Grundkompetenzen
  • Motivation und Durchhaltewillen


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