Dank meinem Berufsabschluss bilde ich heute Jugendliche aus

Andrea Harder wollte mit Jugendlichen zusammenarbeiten und Berufsbildnerin werden. Dafür musste sie erst selbst einen Berufsabschluss machen. Wie sie darauf kam und was sich für sie veränderte, erzählt sie im Interview.

Frau Harder, Sie arbeiteten schon lange als Logistikerin. Warum haben Sie als Erwachsene einen Berufsabschluss in jenem Beruf gemacht, den Sie schon ausführten?
Ich wollte mich weiterbilden. Doch dafür fehlte mir die Grundbildung, also das eidgenössischen Fähigkeitszeugnis als Logistikerin. Von einem Arbeitskollegen hörte ich, dass man als Erwachsene nicht unbedingt eine reguläre Lehre absolvieren muss, um zu einem EFZ zu kommen. Er sagte mir, dass man sich berufsbegleitend selbst auf die Lehrabschlussprüfung vorbereiten kann.

Wie ging es dann weiter?
Im Alter von 38 Jahren meldete ich mich für den Berufsabschluss an und startete mit der Berufsschule, die ich an einem Tag die Woche besuchte. Den ersten Schultag werde ich nie vergessen. Ich dachte, ich wäre die Älteste. Aber der Klassenälteste war 50 Jahre alt (lacht).

Wie war es für Sie in der Schule?
Es war toll. Ich lerne sehr gerne neue Dinge. Ausserdem mochte ich es, mit anderen Lernenden in die Schule zu gehen. Ich habe heute noch Kontakt zu einigen Schulkolleginnen und -kollegen.

Aber war es nicht total streng, sich neben dem Arbeiten auf Prüfungen vorzubereiten?
Doch, das erste Jahr war schwer. Ich musste mich an die neue Lernumgebung gewöhnen. Obwohl ich auf dem Beruf schon lange arbeite, profitierte ich fachlich extrem von der Schule.

Wurden Sie finanziell unterstützt?
Ich habe keine Lehre mit Lehrvertrag gemacht, sondern während der 2-jährigen Vorbereitung auf die Abschlussprüfungen als Logistikerin weitergearbeitet. Da ich jedoch einen Tag die Woche zur Schule ging und mein Arbeitgeber mich nicht unterstützte, musste ich mein Arbeitspensum um 10% kürzen. Entsprechend hatte ich Lohneinbussen. Der Kanton hat mir jedoch die Schule bezahlt. Moralische Unterstützung bekam ich von meiner Familie. Das ist auch wichtig. Ich hatte einige Tiefs. Aber mein Mann motivierte und unterstützt mich – das half, durchzuhalten.

Und wie war das Gefühl, als Sie die Abschlussprüfungen schafften und ihr EFZ in Logistik endlich im Sack hatten?
Super, ich war sehr stolz und freute mich zusammen mit meiner Familie. Sie kamen alle zur Diplomfeier.

Und heute? Wo stehen Sie jetzt beruflich?
Ich habe mein Berufsziel erreicht. Heute arbeite ich als freie Ausbildnerin der Schweizerischen Vereinigung für die Berufsbildung in der Logistik (SVBL). Ich bilde Jugendliche bei den überbetrieblichen Kursen aus. Für mich hat sich gelohnt, den Berufsabschluss zu machen und ich würde diesen Weg jedem empfehlen.

Andrea Harder

Alter: 43
Position:

Logistikerin EFZ, 
Ausbildnerin

Voraussetzungen für einen Berufsabschluss im Erwachsenenalter

In der Schweiz gibt es rund 250 verschiedene berufliche Grundbildungen. Auch im Erwachsenenalter können Sie in jedem Beruf ein eidgenössisches Fähigkeitszeugnis (EFZ) oder ein eidgenössisches Berufsattest (EBA) erlangen.

Um einen Berufsabschluss zu erwerben, brauchen Sie folgende Voraussetzungen:

  • Gute Kenntnisse einer Landessprache
  • Gute Grundkompetenzen
  • Motivation und Durchhaltewillen


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